.der kleine junge.
Am Morgen des 24. Dezembers stresste ich durch die Geschäfte,
um noch die letzten Geschenke zu besorgen.
Als ich das Gewühl von Menschen sah, dachte ich,
das wird wohl ewig dauern, bis ich hier alles besorgt
habe und ich muss noch in andere Geschäfte…
Weihnachten wird jedes Jahr mehr stressvoll.
Ich wünsche, ich könnte einfach einschlafen und erst nach
Weihnachten wieder aufwachen. Trotz allem drängte
ich mich zur Spielzeugabteilung durch.
Dort habe ich mich dann über die enormen Preise der Spielsachen gewundert.
Auf der Suche nach einem geeigneten Spielzeug bemerkte
ich einen etwa fünf Jahre alten Jungen, der eine Puppe
gedankenverloren anschaute. Der Junge machte einen sehr traurigen
Eindruck. Ich fragte mich, für wen er wohl die Puppe ausgesucht hatte.
In diesem Moment drehte sich der kleine Junge zu einer älteren
Dame um und fragte sie: "Oma, bist du sicher,
dass ich nicht genug Geld habe?"
Die ältere Dame antwortete: "Mein Lieber, du weißt ganz genau,
dass du nicht genug Geld hast um die Puppe zu kaufen."
Danach bat sie ihn in der Spielzeugabteilung zu warten,
bis sie ihre Einkäufe erledigt hat.
Der Junge hatte noch immer die Puppe gegen seine Brust gepresst.
Ich lief zu ihm hin und fragte ihn, für wen er denn die hübsche
Puppe ausgesucht hätte. "Es ist die Puppe, die sich meine
Schwester zu Weihnachten gewünscht hat. Sie war überzeugt,
dass der Weihnachtsmann ihr diese Puppe bringen würde."
Ich versicherte ihm, dass der Weihnachtsmann bestimmt weiß,
was sich seine Schwester zu Weihnachten wünscht.
Und dass er sich darüber keine Sorgen machen sollte.
Doch der Junge antwortete traurig: "Der Weihnachtsmann
kann ihr die Puppe nicht dorthin bringen, wo sie
sich befindet. Ich muss die Puppe meiner Mutter geben
und sie kann sie mitnehmen, wenn sie geht."
Seine Augen waren mit Tränen gefüllt, als er das sagte.
"Meine Schwester ist im Himmel. Mein Vater sagt,
dass meine Mutter auch bald in den Himmel geht.
Deswegen dachte ich nur, dass sie die Puppe für
meine Schwester mitnehmen kann."
Als ich dem Jungen zuhörte, habe ich meinen
Weihnachtsstress ganz vergessen.
Der Junge fuhr fort: "Ich sagte meinem Vater, er soll meiner Mutter ausrichten,
dass sie noch warten soll um in den Himmel zu gehen,
bis ich aus dem Laden zurück bin."
Dann zeigte mir der Junge ein Foto von ihm, auf dem er ein unbekümmertes,
fröhliches Gesicht hat. "Ich möchte, dass meine Mutter dieses
Bild mitnimmt, damit sie mich nicht vergisst. Ich liebe
meine Mutter sehr und ich möchte, dass sie bei uns bleibt. Doch mein
Vater sagt, dass sie zu meiner Schwester gehen muss."
Wieder schaute er gedankenverloren die Puppe an.
Ich suchte meinen Geldbeutel, sagte ihm, er soll doch das
Geld nochmals nachzählen. Es könnte sein, dass er nun genug hat,
um die Puppe zu kaufen.
"Gut, ich hoffe, dass es nun reicht…"
Ich half ihm mit dem Zählen und steckte ihm etwas Geld zu,
ohne dass er das gemerkt hat.
Er sagte: "Danke Gott, dass du mir genug Geld gegeben hast!"
Danach schaute er mich an und meinte: "Ich habe gestern gebetet,
dass ich genug Geld für eine Puppe für meine Schwester habe.
Und ich hoffe auch, dass es für eine weiße Rose für
meine Mutter reicht. Meine Mutter liebt weiße Rosen."
Einige Minuten später kam die ältere Dame zurück und
ich verabschiedete mich von dem Jungen.
Ich erledigte alle meine Einkäufe mit einer ganz anderen
Einstellung als diesen Morgen.
Ich konnte den kleinen Jungen nicht vergessen.
Dann erinnerte ich mich an einen Zeitungsartikel, den ich vor
zwei Tagen gelesen hatte. Es handelte sich um einen
betrunkenen Automobilist, der ein Auto angefahren hat,
in dem eine junge Frau und ein kleines Mädchen saßen.
Das kleine Mädchen ist noch am Unfallort gestorben
und die Mutter wurde in kritischem Zustand ins Krankenhaus eingeliefert.
Die Frau liegt seither im Koma.
War das die Familie des kleinen Jungen?
Zwei Tage nachdem ich den Jungen im Geschäft getroffen hatte,
las ich in der Zeitung, dass die Autolenkerin, die vor vier
Tagen einen Unfall hatte, ihren Verletzungen erlag.
Ich konnte es nicht lassen und kaufte einen Straus weißer Rosen,
ging zur Kirche wo die Frau
aufgebahrt war.
Sie lag dort. In ihrer Hand hielt sie eine weiße Rose,
eine Puppe und ein Foto des kleinen Jungens aus dem Kaufhaus.
Als ich nach Hause lief, dachte ich darüber nach,
wie groß die Liebe des kleinen Kindes für seine Schwester und seine Mutter ist.
In einer Sekunde, kann sich das Leben so gewaltig ändern,
dass nichts mehr ist, wie es einmal war.